Wie sich das Spiel verändert
Lesezeit: 5 Min.
Publikation: 06. November 2025, Jessy Thür
Poker war über Jahrzehnte hinweg eine Männerdomäne –
verrauchte Casinos, harte Blicke, bluffende Gesichter. Frauen waren in dieser
Welt meist Statistinnen oder Ausnahmen. Doch in den letzten Jahren zeichnet
sich ein leiser, aber nachhaltiger Wandel ab: Immer mehr Frauen entdecken Poker
als Spiel der Strategie, der Psychologie und der Selbstbestimmung. Was einst
ein Sinnbild für männliches Risiko- und Dominanzverhalten war, wird zunehmend
zu einem Ort, an dem Frauen ihre analytischen, intuitiven und emotional-intelligenten
Stärken einsetzen. Dieser Wandel ist nicht nur spielerisch, sondern
gesellschaftlich bedeutsam.
Zwischen Vorurteilen und Selbstbehauptung
Lange Zeit galt Poker als ein Spiel, das mit „männlichen
Eigenschaften“ assoziiert wurde – Risikoaffinität, Aggressivität,
Konkurrenzdenken. Frauen hingegen wurden stereotyp als zu vorsichtig oder
„emotional“ angesehen. Diese Zuschreibungen spiegeln tief verankerte
gesellschaftliche Vorstellungen von Geschlechterrollen wider.
Frauen werden in Live-Pokerräumen häufig unterschätzt oder belächelt. Manche berichten von abwertenden Kommentaren oder gezielten Provokationen durch männliche Mitspieler. Solche Erfahrungen führen dazu, dass viele Frauen sich in dieser Umgebung nicht wohlfühlen und lieber auf Online-Plattformen ausweichen – wo das Spiel anonymer, fairer und weniger von sozialem Druck geprägt ist.
Eine britische Umfrage ergab 2020, dass fast die Hälfte der befragten Frauen angab, sich in Casinos oder bei Live-Turnieren unwohl zu fühlen. 68 % nahmen Poker generell als „männlich dominiertes“ Spiel wahr. Das zeigt: Die strukturellen und kulturellen Hürden sind real.
Frauen werden in Live-Pokerräumen häufig unterschätzt oder belächelt. Manche berichten von abwertenden Kommentaren oder gezielten Provokationen durch männliche Mitspieler. Solche Erfahrungen führen dazu, dass viele Frauen sich in dieser Umgebung nicht wohlfühlen und lieber auf Online-Plattformen ausweichen – wo das Spiel anonymer, fairer und weniger von sozialem Druck geprägt ist.
Eine britische Umfrage ergab 2020, dass fast die Hälfte der befragten Frauen angab, sich in Casinos oder bei Live-Turnieren unwohl zu fühlen. 68 % nahmen Poker generell als „männlich dominiertes“ Spiel wahr. Das zeigt: Die strukturellen und kulturellen Hürden sind real.
Ein Wandel in Zahlen und Köpfen
Doch die Zahlen zeigen auch Bewegung. Der Anteil weiblicher Teilnehmerinnen bei der World Series of Poker (WSOP) stieg in den letzten zwei Jahrzehnten von etwa 2 % auf rund 8 %. Das klingt gering, aber die symbolische Bedeutung ist enorm. Frauen wie Vanessa Selbst, Liv Boeree, Kristen Foxen oder Maria Ho haben bewiesen, dass sie auf höchstem Niveau bestehen können – und inspirieren damit eine neue Generation.Hinzu kommt: Immer mehr Organisationen fördern gezielt Frauen im Poker. Initiativen wie Poker Power oder die Women in Poker Hall of Fame bieten Schulungen, Netzwerke und Mentoring-Programme, die Frauen ermutigen, das Spiel strategisch zu erlernen – nicht als Zufallsakt, sondern als Werkzeug zur Selbstermächtigung.
Poker wird hier auch als Metapher verstanden: Wer Poker spielt, lernt, Chancen zu bewerten, Emotionen zu kontrollieren, Selbstbewusstsein auszustrahlen und unter Unsicherheit Entscheidungen zu treffen. Genau diese Kompetenzen gelten in der modernen Arbeitswelt als Schlüsselqualifikationen – insbesondere für Frauen, die in Führungspositionen aufsteigen wollen.
Poker als Spiegel gesellschaftlicher Dynamiken
Die steigende Präsenz von Frauen am Pokertisch ist Ausdruck eines grösseren gesellschaftlichen Umbruchs: der Infragestellung traditioneller Geschlechterrollen. Lange Zeit war der Raum für „strategisches Risiko“ – ob in Wirtschaft, Finanzen oder Spiel – männlich konnotiert. Doch mit zunehmender Gleichstellung und Digitalisierung verschiebt sich auch diese Wahrnehmung.Online-Poker hat hier eine entscheidende Rolle gespielt. Anonymität, flexible Teilnahmezeiten und der Wegfall physischer Barrieren ermöglichen Frauen einen Zugang, der früher oft verwehrt blieb. Zudem schaffen soziale Medien neue Sichtbarkeitsräume: Influencerinnen und Streamerinnen wie Alex O’Brien oder Vanessa Kade zeigen, dass Pokerkompetenz nichts mit Geschlecht, sondern mit Disziplin, Lernbereitschaft und mentaler Stärke zu tun hat.
Gesellschaftlich gesehen bedeutet das: Frauen beanspruchen auch symbolisch Räume der Macht – Räume, in denen strategisches Denken, Kontrolle und Risiko zentral sind. Der Pokertisch wird so zu einer Bühne der Gleichberechtigung.
Warum dieses Thema uns alle betrifft
Poker ist mehr als Glücksspiel. Es ist ein soziales, psychologisches und kulturelles Spiel, das Machtverhältnisse spiegelt. Wenn Frauen hier Fuss fassen, zeigt das, dass sie bereit sind, Kontrolle über Risiko, Geld und Emotionen zu übernehmen – Bereiche, die in der Gesellschaft lange als „männlich“ galten.Diese Entwicklung hat Symbolkraft. Sie steht für ein neues Selbstverständnis von Frauen, die nicht nur Gleichberechtigung fordern, sondern sie aktiv leben – auch in Räumen, in denen sie traditionell ausgeschlossen waren.
Der Pokertisch wird damit zu einem Mikrokosmos gesellschaftlicher Veränderung: Wer hier spielt, spielt auch mit den Regeln des Lebens – und manchmal gewinnt man, indem man sie neu schreibt.
Wenn sich das Blatt wendet
„Frauen am Pokertisch“ ist kein modisches Trendthema, sondern ein Spiegel für die Frage, wie Geschlechterrollen, Machtstrukturen und Selbstbilder im 21. Jahrhundert neu verhandelt werden. Poker bietet Frauen nicht nur Unterhaltung, sondern auch eine Bühne für Selbstbehauptung, Strategie und Gemeinschaft.Wenn die Pokerwelt inklusiver wird, profitiert nicht nur das Spiel – sondern auch die Gesellschaft. Denn Gleichberechtigung zeigt sich nicht nur in Politik oder Wirtschaft, sondern auch in den Räumen, in denen Menschen sich messen, lernen und gewinnen wollen. Und genau dort, am grünen Filz, zeigt sich derzeit: Das Blatt wendet sich.
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